Markus Breitner wurde am 23.3.1902 in Sadagora, Bukowina, geboren. Gestorben am 30.10.1988 in Winterthur. Schauspielausbildung in Wien. 1924 - 1927 Schauspieler und Regisseur am Stadttheater Bern. 1927 - 1932 am Städtebundtheater Biel-Solothurn. 1935 - 1981 Leitung des Sommertheaters Winterthur. 1949 - 1971 Direktor des Stadttheaters Chur. 1955 - 1968 Direktor des Städtebundtheaters Biel-Solothurn. |
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Österreichischer Reisepaß von 1918 | Rumänischer Ausweis von Czernowitz 1925 | Österreichischer Reisepaß von 1918 |
Als Tempelsänger in Czernowitz | Markus Breitner 1978 anlässlich der Kunstpreisverleihung | Als junger Schauspieler |
Brief an Markus Breitner aus dem russisch besetzten Lemberg, 14.4.1940. | ||
Auszug aus dem Buch Ein Mann und sein Theater Herausgeber Heinrich Rüegg |
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Von Czernowitz nach Winterthur Es ist schwierig, über
Markus Breitner zu schreiben, ohne auch gleich vom Sommertheater
Winterthur zu erzählen. Und wer die Geschichte
des Sommertheaters schreiben will, kann nicht umhin, sich mit
Markus Breitners Biographie zu beschäftigen. Breitner ist mit
seinem Theater auf eine Weise verwachsen, die heute Seltenheitswert
hat, und da man an anderen Bühnen oft genug von "Aera" spricht,
darf man das Wirken Breitners in Winterthur mit Fug und Recht als
"Epoche" bezeichnen.
Doch auch in der Theatergeschichte bedürfen "Epochen" ihrer Vorbereitung, ihrer wesentlichen Vorzeichen und Umstände. Daher wollen wir nun zurückblenden in jene Zeit, als in Winterthur auch ohne Markus Breitner Sommertheater stattfand, und als der spätere "Straussdirektor" noch als Schauspieler und Regisseur an Oesterreichischen und Schweizer Bühnen engagiert war. Dabei stützen wir uns neben anderen Quellen mit Vergnügen auf das Büchlein von Dr. Alfred Stamm "Thalia unter Kastanien", das 1965 zur bereits erwähnten Feier "100 Jahre Sommertheater Winterthur" herausgegeben wurde. Markus Breitner wurde im Jahre 1902 in Czernowitz (Sadagora Anm. d. Red.) geboren. Zu seinen Jugendgefährten in diesem Ort der Nordbukowina, der damals zum österreichisch-ungarischen Kaiserreich gehörte und heute in Russland liegt, zählte Josef Schmidt, der später als lyrischer Tenor in Deutschland berühmt werden sollte und während des Zweiten Weltkriegs als Flüchtling in der Schweiz in einem Lager starb. Breitner fühlte sich nach Schulbesuchen in Czernowitz, Brünn und Wien zum Theater hingezogen, stiess dabei innerhalb seiner Familie aber nicht nur auf Zustimmung. Als er seine Heimat verliess, um sich in Wien zum Schauspieler ausbilden zu lassen, soll seine Grossmutter - wie er selber erzählt - die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und ausgerufen haben: "Das haben wir in unserer Familie noch nicht gehabt - einen Zirkusreiter!" Doch Markus Breitner nahm seine Ausbildung ernst und konzentrierte sich genauer darauf, als seine Grossmutter gefürchtet hatte. Bereits im Jahre 1921 führte ihn ein erstes Engagement zurück nach Czernowitz, von wo er ans Stadttheater Innsbruck berufen wurde. Dort erlernte er auch die Kunst des Regieführens. Nach einem kurzen Aufenthalt in Wien ging er auf eine grössere Auslandtournee, die ihn auch in die Schweiz führte. Im Jahre 1924 kam er ans Stadttheater Bern, wo er drei Jahre blieb, und von dort ans neu gegründete Städtebundtheater Biel-Solothurn, dem er fünf Jahre angehörte. Er war damals bereits ein gefragter jugendlicher Held und Liebhaber, und für das Jahr 1932 erneuerte er den Vertrag in Solothurn nicht mehr, da ihn ein Angebot nach Deutschland lockte. Doch die bereits nationalsozialistisch unterwanderten Behörden genehmigten den Vertrag nicht. Markus Breitner sagte also gern zu, als der damalige Direktor des Sommertheaters, Theo Schmidt, ihn nach Winterthur rief. In einem Interview des "Landboten" schildert Markus Breitner seine ersten Eindrücke in Winterthur mit folgenden Worten: "Ich weiss noch genau, wie ich damals die Stadthausstrasse hinaufgegangen bin, zum "Strauss". Sehr skeptisch war ich. Kann man hier überhaupt Theater spielen, wird es mir gefallen, werde ich gefallen? So überlegte ich voller Zweifel. Dann kam die erste Premiere. Ich spielte den Georg Schilling in dem damals noch neuen Schwank "Unter Geschäftsaufsicht" von Arnold und Bach. Was ich damals bei der Premiere fühlte? Als erstes konstatierte ich mit Freuden, dass der Kontakt zum Publikum sofort hergestellt war. Ich fühlte mich auf einmal heimisch. Und so kam es, dass ich Winterthur die Treue hielt, auch als sich für mich nach dem Krieg die Grenzen nach Deutschland und Oesterreich wieder öffneten und verlockende Angebote an mich herangetragen wurden. Aber man brauchte mich damals in der Schweiz, und es wäre undankbar von mir gewesen, dem Land, dem ich so viel schuldete, jetzt, da die Gefahr überstanden war, den Rücken zu kehren." Markus Breitners eigene Eindrücke werden durch Quellen aus der Zeit bestätigt. Alfred Stamm erzählt, dass Breitners Debut in Winterthur vielversprechend gewesen sein soll und dass er den Aufführungen ein Niveau gegeben habe, das zumindest den Kritikern in jener Zeit sonst fehlte. In einer Rezension ist ausserdem zu lesen, dass der Neuankömmling sich schnell die Herzen der Winterthurer Damenwelt erobert habe. Bald konzentrierte sich Breitners Augenmerk aber auf eine ganz bestimmte junge Winterthurerin, die er später zur Frau nahm. Der Name Alice Breitner ist für die Geschicke des Sommertheaters wohl mindestens so wichtig wie der des Direktors selbst, steht sie ihm doch seit Jahrzehnten als Stütze und Begleiterin zur Seite, half ihm, den Freundeskreis rund ums Theater aufzubauen und zu erhalten - und sie dürfte bei Breitners Entschluss, in Winterthur zu bleiben, eine nicht unwichtige Rolle gespielt haben. Im Jahre 1948 erhielt der Sommertheaterdirektor das Bürgerrecht der Eulachstadt. |